- Gustav
- Gụstav[zu schwedisch göt »Gote« und stav »Stab«, »Stütze«], Herrscher:1) Gụstav Samuel Leopold, Herzog (seit 1718), * Stegeborg (Verwaltungsbezirk Östergötland, Schweden) 12. 4. 1670, ✝ Zweibrücken 17. 9. 1731; nahm nach Studium und Ausbildung in Altdorf, Regensburg und Den Haag in schwedischen Diensten am Pfälzischen Erbfolgekrieg gegen Frankreich teil, diente auch unter Ludwig Wilhelm von Baden am Rhein und unter Prinz Eugen in Ungarn. Nach dem Tod des schwedischen Königs Karl XII. konnte er 1718 dessen Nachfolge in Zweibrücken antreten, wo er, 1696 selbst zum katholischen Glauben übergetreten und im Besitz der niederen Weihen, die Gleichberechtigung der Protestanten und Katholiken verfügte. Seine Vorliebe für großzügige Architektur machte Zweibrücken zu einem kleinen Versailles.2) Gụstav I. Eriksson Wasa (schwedisch Vasa), König (seit 1523), * Rydboholm (oder Lindholmen) 12. 5. 1496 (nach anderen Angaben 3. 5. 1497), ✝ Stockholm 29. 9. 1560, Großvater von 3); aus schwedischer Adelsfamilie, Stammvater des königlichen Hauses Wasa. Während des kriegerischen Konfliktes zwischen Christian II. von Dänemark und dem schwedischen Reichsverweser Sten Sture dem Jüngeren war der mit Sture durch Heirat verwandte Gustav eine der Geiseln, die dieser 1518 stellen musste und die Christian vertragswidrig nach Dänemark bringen ließ. Gustav konnte 1519 nach Lübeck fliehen und von dort 1520 nach Schweden zurückkehren. Nach dem »Stockholmer Blutbad« (November 1520) stellte er sich an die Spitze des Kampfes gegen Dänemark. Mithilfe Lübecks gelang es Gustav von Dalarna aus, Schweden zu gewinnen. Bereits seit August 1521 Reichsverweser, wurde er nach der faktischen Auflösung der Kalmarer Union am 6. 6. 1523 in Strängnäs zum König gewählt. Die finanzielle Lage der Krone war aber schlecht und wurde durch die Schuldabzahlung an Lübeck, das sich seine Hilfe finanziell und durch außerordentliche Handelsprivilegien vergüten ließ, noch verschlimmert. Gustav löste die Finanznot durch die Einziehung des Kirchengutes, die der Reichstag in Västerås 1527 beschloss; gleichzeitig wurde die Reformation nach deutschem Vorbild begonnen. Durch die Grafenfehde verlor Lübeck seine Privilegien, und Gustav suchte die Handelsverbindungen mit den Niederlanden und mit Frankreich zu verstärken. Auf dem Reichstag in Västerås setzte er 1544 die Errichtung des Erbkönigtums für das Haus Wasa durch. Die schwedische Staatsverwaltung wurde von ihm neu geordnet. Er ist im Dom zu Uppsala begraben.Als Vaterlandsbefreier und Nationalheld ist Gustav in der Literatur zuerst von dem Iren H. Brooke in einem Drama (1739) gefeiert worden. Die vom schwedischen König Gustav III. veranlasste und entworfene Oper (1786) und A. Kotzebues Drama (1800) haben gleichfalls Festspielcharakter. A. Strindberg dagegen zeichnete den geprüften und hart gewordenen Staatsmann (1899).S. Lundkvist: G. Vasa och Europa (Stockholm 1960);I. Svalenius: G. Vasa (Neuausg. ebd. 1963).3) Gụstav II. Adolf, König (seit 1611), * Stockholm 19. 12. 1594, ✝ (gefallen) bei Lützen 16. 11. 1632, Sohn von Karl IX. und seiner zweiten Frau Christina von Holstein, Enkel von 2). Gegen Garantie umfassender ständischer Rechte, v. a. der »konstitutionellen Mitwirkung des Adels an der Regierung Schwedens«, erklärte der Reichstag den knapp siebzehnjährigen Gustav A. 1611 nach dem Tod seines Vaters für mündig. Der (erst 1617 in Nyköping feierlich gekrönte) König sah sich bei seinem Regierungsantritt in einer schwierigen Lage: Die von Karl IX. begonnenen Kriege mit Russland und Dänemark banden die schwedischen Kräfte; durch die Thronusurpation Karls, der seinem Neffen Sigismund III. Wasa von Polen den schwedischen Thron verwehrte, drohten neben polnischen militärischen Aktionen auch Anstrengungen der älteren Wasa-Linie im Inneren zur Durchsetzung der Thronansprüche. Mit einer Reihe innerer Reformen ermöglichte der König unter maßgeblicher Mitwirkung des neu ernannten Reichskanzlers A. Gustav Graf Oxenstierna die schwedische Großmachtpolitik des 17. Jahrhunderts: Regierung durch fünf Ressorts, Neuordnung der Zentralverwaltung und der Rechtsprechung; ausschlaggebende Bedeutung erlangten die Heeresreform (Verbesserung von Ausbildung und Bewaffnung von Untertanen bei Verzicht auf eine kostspielige Söldnerarmee) und die zielstrebige Forcierung der wirtschaftlichen Entwicklung.In den Friedensschlüssen von Knäred (1613) und Stolbowo (1617) beendete Gustav A. die Kriege mit Dänemark und Russland. Der Gewinn Ingermanlands und Ostkareliens von Russland ermöglichte ein ungehindertes militärisches Vorgehen gegen Sigismund, der trotz der Unterstützung durch Kaiser Ferdinand II. im polnisch-schwedischen Waffenstillstand von 1629 den Verlust Livlands hinnehmen musste. Beunruhigt durch das Vordringen der habsburgisch-kaiserlichen Macht in den Ostseeraum - ein erster Zusammenstoß kaiserlicher und schwedischer Truppen ergab sich bei der Belagerung von Stralsund 1628 -, bereitete Gustav A. das schwedische Eingreifen in den Dreißigjährigen Krieg vor. Das Zusammenwirken mit der von Kardinal Richelieu geleiteten französischen Politik, das im Vertrag zu Bärwalde (1631) seinen Niederschlag fand, ermöglichte es Gustav A., die am 4. 7. 1630 mit der Landung in Pommern (auf der Insel Usedom) begonnene Offensive fortzusetzen. Trotz mancherlei Schwierigkeiten besiegte er die kaiserlichen Truppen in allen Schlachten (u. a. 1631 bei Breitenfeld), bis er bei Lützen in einer Schlacht gegen A. W. E. von Wallenstein fiel (16. 11. [nach dem damals in Schweden gültigen julianischen Kalender 6. 11.] 1632).Die Motive des Königs für sein Eingreifen in den Dreißigjährigen Krieg wurden von der historischen Forschung in der Vergangenheit kontrovers beurteilt. Derzeit gilt als gesichert, dass seine Beteiligung am Krieg nicht in erster Linie der Verteidigung des Protestantismus, sondern wohl stärker der Abwehr der Thronansprüche Sigismunds und dem weiteren Ausbau der schwedischen Machtstellung am Südrand der Ostsee, mithin der Erkämpfung des Dominium maris Baltici als Bestandteil einer schwedischen Großreichsbildung galt. Hierauf deutet auch die geplante Schaffung eines protestantischen Sonderbundes in Deutschland hin, der unter schwedischer Vorherrschaft stehen sollte. Der Plan einer dauernden Festsetzung im Reichsgebiet und der Änderung der Reichs-Verfassung (Säkularisierung der geistlichen Territorien und Vergabe als schwedisches Kronlehen) zeichnete sich ab.Literarische Behandlung:Viele Dichtungen um den König hielten sich an Anekdotisches und Sagenhaftes (C. F. Meyer, 1882), doch gelang auch die Darstellung der politischen Persönlichkeit (C. Snoilsky, »Svenska bilder«, 1886; A. Strindberg, 1903; V. von Heidenstam, »Svenskarna och deras hövdingar«, 1908-10; Ricarda Huch, »Der große Krieg in Deutschland«, 1912).M. Roberts: Gustavus Adolphus, 2 Bde. (Neuausg. London 1964-65);U. Bracher: G. A. von Schweden (1971);G. Barudio: G. A. - der Große. Eine polit. Biogr. (Neuausg. 1985);S. Oredsson: Geschichtsschreibung u. Kult. G. A., Schweden u. der Dreißigjährige Krieg (a. d. Schwed., 1994);J.-P. Findeisen: G. II. A. von Schweden (Graz 1996).4) Gụstav III., König (seit 1771), * Stockholm 24. 1. 1746, ✝ ebenda 29. 3. 1792, Sohn König Adolf Friedrichs und Luise Ulrikes, einer Schwester Friedrichs II., des Großen, Vater von 5); beendete mit der in einem unblutigen Staatsstreich durchgesetzten »Regierungsform« (19. 8. 1772 die Herrschaft der Stände (»Freiheitszeit«) und führte eine persönliche Regierung. Erst seine kostspieligen Kriege (gegen Dänemark 1788/89, gegen Russland 1788-90) riefen wieder eine Adelsopposition hervor. Der Offiziersverschwörung in Finnland (Anjalabund) begegnete er mit der »Vereinigungs- und Sicherheitsakte« (1789), die ihm fast unumschränkte Macht gab und einen Teil der Adelsprivilegien auf andere Stände übertrug. Der einer Adelsverschwörung angehörende J. J. Anckarström (* 1762, ✝ 1792) verletzte ihn während eines Maskenballs in der Stockholmer Oper am 16. 3. 1792 durch einen Pistolenschuss tödlich. - Gustav, selbst musisch tätig, gründete 1773 die Königliche Oper, stiftete 1786 die Schwedische Akademie. - Gustavs Ermordung wurde in zwei Opern (D. F. E. Auber, Text E. Scribe, 1833; G. Verdi, Text A. Somma, »Ein Maskenball«, 1859) behandelt. Einen Roman um Gustavs zwiespältige Gestalt schrieb Mary Elizabeth Coleridge (»The king with two faces«, 1897), und auch in A. Strindbergs (1900) und P. A. L. Hallströms (1918) Dramen geht es um die Problematik seines Charakters. Episodisch erscheint er in C. Zuckmayers Drama »Ulla Winblad« (1952).5) Gụstav IV. Adolf, König (1792-1809), * Stockholm 1. 11. 1778, ✝ Sankt Gallen 7. 2. 1837, Sohn von 4); stand 1792-96 unter der Regentschaft seines Onkels Karl. 1805 trat er der Koalition gegen Napoleon I. bei, verlor im folgenden Feldzug Vorpommern mit Rügen 1806 an Frankreich. Als seine Weigerung, sich der Kontinentalsperre anzuschließen, durch das militärische Vorgehen Russlands und Dänemarks zum Verlust Finnlands führte (1808, bestätigt durch den Frieden von Fredrikshamn 1809), wurde Gustav A. durch einen Staatsstreich am 13. 3. 1809 abgesetzt. Die Reichsstände erklärten ihn und seine Erben für immer des Throns verlustig und verwiesen ihn des Landes; zum Nachfolger bestimmten sie seinen Onkel Karl von Södermanland als Karl XIII. Seit 1816 nannte sich Gustav A. auch Oberst Gustafsson; er veröffentlichte neben Memoiren auch andere Schriften (zum Teil in deutscher Sprache).6) Gụstav V., König (seit 1907), * Schloss Drottningholm 16. 6. 1858, ✝ ebenda 29. 10. 1950, Sohn Oskars II. und Sophias von Nassau (* 1836, ✝ 1913), Ȋ seit 1881 mit Viktoria von Baden (* 1862, ✝ 1930), Vater von 7); begünstigte 1914 in der Verteidigungsfrage die Forderungen der Bauern nach einer Verstärkung der Verteidigungsanstrengungen (»Bauernzug«, Schweden, Geschichte) und löste dadurch einen Verfassungskonflikt mit dem Staatsrat aus. 1920 ernannte er das erste sozialdemokratisch geführte Kabinett unter H. Branting. In beiden Weltkriegen trat Gustav für eine strikte Neutralität der nordeuropäischen Staaten ein.7) Gụstav VI. Adolf, König (seit 1950), * Stockholm 11. 11. 1882, ✝ Helsingborg 15. 9. 1973, Sohn von 6) und von Viktoria von Baden; Ȋ seit 1905 mit Margaret Prinzessin von Großbritannien und Irland (✝ 1920), seit 1923 mit Lady Louise Mountbatten. Der als Monarch und Staatsmann hoch geachtete Gustav A. war auch ein anerkannter Archäologe. Als Kronprinz veranlasste er schwedische Ausgrabungen u. a. im griechischen Asine. Die Gründungen der Schwedischen Archäologischen Institute in Rom und Athen gehen auf seine Initiative zurück.
Universal-Lexikon. 2012.